Der zweite Gang des
Weihnachtsmenüs 2019.
Seit geraumer Zeit ist das Wort „Flexitarier“ in aller Munde – es bezeichnet die wachsende Anzahl an Menschen, die mit der vegetarischen Ernährung kokettieren, zu besonderen Anlässen aber einen Braten in den Ofen schieben. So musste das auch beim Probekochen für das heurige Weihnachtsmenü sein. Ein Stück Fleisch, das normalerweise im Suppentopf vor sich hin siedet, wurde fürs Fest zum langsam geschmorten Braten upgegradet.
Hoch lebe der Tafelspitz – dieses Stück Fleisch, das im Grunde ein an die Hüfte grenzender Teil des Rinder-Schwanzes ist. Alle paar Wochen koche ich mir einen großen Topf Tafelspitz-Suppe. Das erkaltete, fein geschnittene Fleisch ist an den Folgetagen Hauptbestandteil eines Rindfleischsalates, der mit Käferbohnen, Zwiebeln, Kren, Apfelessig und Kernöl zum Besten gehört, was die österreichische Küche zu bieten hat.
Und die Suppe dient für ein paar Tage als herrliche Grundlage für Risotto, Kartoffelgulasch oder – mit einem Schuss Sherry verfeinert und mit gebackenen Grießknödeln als Einlage – einfach als beste klare Suppe der Welt. Doch für einmal ist mir die Suppe schnuppe – für die heurigen Weihnachtstage schmore ich den Tafelspitz bei niedriger Temperatur mit herb-winterlichem Rotwein zum festlichen Braten. Das faserige Fleisch wird fein zart und die kräftige Sauce sorgt für eine vorsilvesterliche Geschmacks-Explosion.
Zerlassen Sie das Butterschmalz im Schmortopf und braten Sie darin den gepfefferten und gesalzenen Tafelspitz beidseitig scharf an. Nach etwa zwei Minuten nehmen Sie das Stück Fleisch wieder aus dem Topf. Im Bratensatz zerlassen Sie den Rohrzucker, darin rösten Sie das gewürfelte Gemüse an, geben den Knoblauch, getrocknete Pilze und Gewürze dazu. Rühren Sie das Tomatenmark unter.
Dann kommt ein feierlicher Moment: Löschen Sie das zischende Gemüse mit dem Rotwein etappenweise ab. Jede Portion lassen Sie eine Weile einkochen – wie das dampft und riecht! Nach dem Rotwein-Vergnügen legen Sie den Tafelspitz wieder in den Topf, gießen die passierten Tomaten und die Suppe ein und erhitzen das Sammelsurium. Deckel drauf und ab in den Backofen.
Dort schmort der Tafelspitz für mindestens zwei Stunden bei 100 Grad. In dieser Zeit können Sie die den Baum schmücken, Kekse verkosten, für Licht ins Dunkel spenden, jemanden unterm Mistelzweig küssen, die Muppets-Weihnachtsgeschichte ansehen, die Beilagen vorbereiten oder den Christbaum des Nachbarn loben gehen. Was für gute Dinge es zu Weihnachten gibt!
Hauptsache winterliche Beilagen
Ich entschließe mich fürs Vorbereiten der Beilagen; was bleibt mir auch anderes übrig, Sie wollen schließlich erfahren, was es zum Tafelspitz gibt! Zum einen ist das zünftig zubereiteter Sprossenkohl. Eine winterliche Gemüseart, die die Bevölkerung spaltet, wie sonst nur der FC Bayern, Red Bull oder Greta Thunberg. Denn entweder mag man Sprossenkohl, oder nicht. Die heurige Weihnachts-Variante hat das Potenzial, die Gegensätze zusammen zu bringen. Denn selbst Kohl-Verweigerer können der zünftigen Version mit geschmacksintensiven Zutaten etwas abgewinnen.
Dazu entfernen Sie die äußeren Blätter der Sprossen, halbieren sie und schneiden einen Großteil des Strunkes weg. Die Sprossenkohl-Hälften lagern inzwischen in einer Schüssel mit kaltem Wasser. Erhitzen Sie in einer beschichteten Pfanne das Öl, schwitzen Sie den gewürfelten Schinkenspeck und den Knoblauch darin an, heben Sie die herrlich duftenden Zutaten wieder heraus und parken Sie sie in einer Schüssel.
Dann gießen Sie den Sprossenkohl ab und rösten ihn in der Pfanne kräftig an. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer und Wacholder. Dann wird die Pfanne abgedeckt und der Inhalt rund zehn Minuten gedünstet. Dazwischen rühren Sie immer wieder um. Am Ende kommt der geparkte Knoblauch-Speck wieder dazu, auch ein Spritzer Zitronensaft, Salz und Pfeffer sind notwendig. Gut machen sich auch untergehobene gehackte Maroni.
Bunte Knusper-Kartoffeln
Für die knusprigen Kartoffelwürfel schälen Sie die Knollen und schneiden sie in ein bis zwei Zentimeter große Würfel. Ich verwendete klassische und violette Kartoffelsorten, was zu einer bunten, fast weihnachtlich anmutenden Farbkombination führte. Die Würfel landen im Kochtopf mit kaltem, gesalzenem Wasser. Das wird sogleich aufgekocht. Und dann schalten Sie sofort aus, sieben die Würfel ab und lassen sie kurz ausdampfen.
Dann werden sie auf zwei mit Backpapier belegte Bleche gestreut, mit Olivenöl beträufelt, gesalzen und gepfeffert. Auch ein paar gehackte Rosmarinnadeln könnte man untermischen. 30 Minuten vor dem Servieren schieben Sie die Bleche bei 200 Grad Umluft in den Ofen, um die Würfel goldbraun zu backen. Das könnten Sie übrigens genau in dem Moment machen, wenn Sie den Tafelspitz aus dem Ofen holen und die Sauce am Herd einkochen. Das geht nämlich so:
Tafelspitz-Finale
Ist die Zeit des gegarten Tafelspitzes gekommen, nehmen Sie das Fleisch heraus und wickeln es in Alufolie. Dann drücken Sie die Sauce durch ein Sieb in einen Topf, den Sie wieder auf den Herd stellen. Die Sauce kann nun noch einige Minute kräftig einkochen. Abgeschmeckt wird mit einem Stück Butter, Salz, Pfeffer und einem Spritzer Zitronensaft. Das Fleisch wird dünn aufgeschnitten, fast wie das berühmte New Yorker Pastrami, und dann mit viel Sauce, frisch geriebenem Kren und den Beilagen serviert. Halleluja!
Zutaten:
Geschmorter Tafelspitz: ca. 1,5 Kilogramm Tafelspitz, 1 Karotte, 150 Gramm Knollensellerie, 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 1 Teelöffel Rohrzucker, 1 Esslöffel Tomatenmark, 150 Gramm passierte Tomaten, 400 Milliliter Rotwein, 600 Milliliter klare Suppe (Hühner- oder Rindsbrühe), zum Würzen ein paar Wacholderbeeren und Pfefferkörner, zwei Lorbeerblätter, ein paar getrocknete Steinpilze, etwas Zitronensaft, 20 Gramm Butter, Salz und Pfeffer, ein Stück Kren
Knusprige Kartoffelwürfel: 800 Gramm festkochende Kartoffeln (evtl. klassische und violette Sorte mischen), Salz, Pfeffer, ein paar Kräuter (zB Rosmarin), Olivenöl
Zünftiger Sprossenkohl: 500 Gramm Sprossenkohl, eine Knoblauchzehe, 100 Gramm Schinkenspeck, 3 Wacholderbeeren, etwas Zitronensaft, Salz und Pfeffer, ein Schuss Öl, evtl. ein paar gegarte, geschälte und gehackte Maroni
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