Fröhliches Fastenbrechen.

Alles zu seiner Zeit: Nach ein paar Wochen ohne Kaffee und Schokolade darf’s zu Ostern wieder a bisserl mehr sein. Mit tierischem Fett und Zucker treiben wir es an die Spitze der Ernährungspyramide. Und stellen fest, dass der sorglose Genuss zwischendurch richtig Spaß macht.

Fast hätte ich es geschafft: Hinter mir liegen 40 Tage Fastenzeit. Schier unglaubliche 38 davon habe ich vorsätzlich ohne Kaffee und Schokolade ausgehalten. Zuvor haben die beiden Zaubermittel manch strengen Arbeitstag, Wochen des Homeschoolings und die allgemeine Corona-Verunsicherung erträglicher gemacht. Nun fehlten sie.

Doch nach ein paar müden Kopfweh-Tagen des Entzugs fühlte ich mich erstaunlich stark. Was wahrscheinlich weniger am fehlenden Zucker und Koffein lag, als vielmehr am Stolz, schon noch Herr der Lage meines Speiseplans zu sein. Stattdessen mühte ich mich mit Tee, Obst und Gemüse ab.

Lasst das Krümelmonster krümeln
Zum österlichen Fastenbrechen darf die korrekte Alltags-Ernährung aber pausieren. Und zwar ohne jedes schlechte Gewissen. Ich betone das, weil das Krümelmonster offenbar auf Diät gesetzt worden ist. In den USA soll es mit Gemüse auftreten, um ein Vorbild zu sein. Ob das gut geht? Besser wäre, den Helden meiner Kindheit ihre Glaubwürdigkeit zu lassen. Dem frechen Pudding-Fan Pumuckl, der bärenstarken Pippi Langstrumpf oder dem rülpsenden Außerirdischen Alf. Kinder mit ein wenig Hausverstand können diese Typen mit ihren Ecken und Kanten einordnen und bekommen ihre Manieren und Ernährungsgewohnheiten mit der Zeit schon in den Griff.

Gemüse wird – zumindest an Feiertagen – überbewertet. Der Kuchen schmeckt nicht nur Kindern und Plüschtieren.

Wenn nun alles politisch korrekt sein soll, pädagogisch und moralisch einwandfrei, dann wundert mich nicht, dass die Schattenseiten umso heftiger über Umwege an die Oberfläche quellen. Etwa in den Online-Foren oder bei den unerträglichen Populisten.

Vielleicht wäre etwas mehr Gelassenheit in der breiten Mitte der Gesellschaft gut, besonders wenn es um den Umgang mit abweichenden Meinungen und politischen Unkorrektheiten geht. Etwas weniger Wokeness! Nicht jeder, der nicht in jeder Handlung das Klima rettet, vielleicht einmal das Gender-Sternchen weglässt oder eine Cola aus der Dose trinkt, ist gleich ein Unmensch, der verteufelt gehört. Auch nicht, wenn es sich um einen alten, weißen Mann handelt.

Butter – das Olivenöl der Alpen
Glaube ich den Moralisten unter den Ernährungsexperten, ist Zucker der große Bösewicht. Tierische Fette wie Rahm und Butter (laut Horst Lichter das Olivenöl der Alpen) sind nicht viel besser. Und die vielen Eier! In Zeiten, in denen bei Desserts das Attribut „nicht zu süß“ als positives Qualitätsurteil gilt – welch ein Widerspruch! –, kann das heutige Rezept als politisch nicht korrekte Provokation aufgefasst werden. Denn wir erklimmen zielstrebig die Spitze der Ernährungspyramide.

Ich empfehle natürlich nicht den täglichen Konsum dieser Genussmittel. Wenn aber im Alltag maßvoll gegessen wird, darf es zu besonderen Anlässen Kaffee und viel Schokolade geben. Und zwar ohne schlechtes Gewissen. Der Verzicht mit verzagtem Gesicht ist nämlich nicht viel besser als die Völlerei.

So schaut’s aus, wenn alles fertig ist. Eine feine Kombination!

Genüsslich die Welt verbessern
Genüssliche Ausreißer dieser Art können übrigens persönliche Zufriedenheit und zukunftsfähige Landwirtschaft vereinen. Es liegt an Ihnen, ob Sie sich Bio-Eier vom Bauern in Ihrer Nähe zulegen, oder Billigware mit Eiern vom geplagten Huhn. Kaufen Sie die Butter von Ihrer Lieblings-Sennerei und richtig gute Schokolade! Was passiert, wenn Schokolade billig sein muss, zeigte kürzlich der Greenpeace-Report „Süße Versprechen, bittere Realität“ – auf Umweltzerstörung und Kinderarbeit im Namen der lila Kuh kann ich gerne verzichten.

So gibt es heute eine schwelgende, fein-herbe Kombination aus Kaffee und Schokolade. In die Mokka-Crème könnte ich mich dank der subtilen Kaffee-Note und viel weißer Schokolade hineinlegen. Und der einfache Kuchen mit seiner herben Schokolade-Note ist auch abseits der Feiertage ein Dauerbrenner im Probelokal.

Am Vortag beginnen die Vorbereitungen
Schon am Tag, bevor Ihr Gast zur Tür herein flaniert, natürlich desinfiziert, maskiert, vielleicht auch fesch frisiert, rasiert und parfümiert, in jedem Fall aber getestet oder geimpft, damit sicher nichts passiert, beginnen Sie mit der Vorbereitung der weißen Mokka-Crème.

Die Eier-Zucker-Mischung, die geschmolzene weiße Schokolade und der geschlagene Rahm werden zusammengerührt. Das kann nur fein werden.

Dazu kochen Sie die Kaffeebohnen mit 200 Millilitern des Rahms auf, nehmen die Mischung vom Herd und lassen sie eine Stunde ziehen. Dann werden die Bohnen entfernt und der herrlich aromatisierte Rahm über Nacht kühl gestellt.

Weichen Sie am nächsten Tag die Gelatine in kaltem Wasser ein. Eier und Zucker werden im Rührkessel über Dampf schaumig geschlagen und beiseite gestellt. Über demselben Dampf wird die weiße Schokolade geschmolzen. Erwärmen Sie den Kaffeelikör und lösen Sie darin die ausgedrückte Gelatine auf. Die Mischung kommt nun mit der flüssigen Schokolade in die Zucker-Ei-Masse. Der Kaffeerahm wird mit weiteren 300 Millilitern Rahm aufschlagen und gut eingerührt. Dann können Sie die Masse abdecken und kühl stellen.

Beim Kuchen ist die dunkle Schokolade gefragt. Schmelzen ist Kindersache!

Nun zum Kuchen
Das verschafft Zeit für die Zubereitung des Schokoladekuchens. Holen Sie die Butter eine Stunde vor dem Backen aus den Kühlschrank, damit sie bei Zimmertemperatur weich wird. Die gehackte Schokolade wird im Rührkessel über Dampf geschmolzen. Heizen Sie den Ofen auf 160° Umluft ein und trennen Sie die Eier.

Das Eigelb und den Zucker verrühren Sie mit dem Mixer, rühren die weiche Butter und die geschmolzene Schokolade unter, sieben das Mehl hinein und rieseln die gemahlenen Mandeln darüber. Dann werden noch fünf Eiweiße zu Schnee geschlagen (restliche Eiweiße anderweitig verwenden) und vorsichtig untergehoben. Zum Schluss wird ein Form (ca. 28 Zentimeter Durchmesser) ausgebuttert und mit wenig Mehl ausgestreut. Nachdem der Teig eingefüllt ist, wird er 45 Minuten gebacken.

Einfach, unspektakulär und richtig gut: Den Schokoladekuchen müssen Sie versuchen.

Erwachsene Musik zum Kaffee
Anstatt den Küchenwecker zu stellen, können Sie auch das Album „Serpentine Prison“ von Matt Berninger einlegen – dessen Länge entspricht der Backzeit. Berninger ist Sänger der New Yorker Band „The National“, die ich Ende 2019 live erleben durfte. Da konnte ich noch nicht ahnen, dass dies das letzte Konzert für lange Zeit sein würde.

Auf „Serpentine Prison“ singt Berninger schöne, alternative Erwachsenenmusik. Voller Spirit, Melancholie und rauer Schönheit, wie ich finde. Und ich staune, etwa beim Titel „Distant Axis“, wie eingängig ein Lied mit nur drei Akkorden sein kann.

Dann wird serviert. Ich lasse etwas Zimt über einen Löffel voller Crème rieseln und bestreue den Kuchen mit Staubzucker. Diese Kombination ist fast so süß, wie die kaum zu glaubenden Chat-Verläufe des Bundeskanzlers und seinen Freunden. Nur wesentlich appetitlicher.

Vielleicht haben Sie sich eingangs gefragt, warum ich nur 38 von 40 Tagen gefastet habe. Nun, an den restlichen beiden Tagen feilte ich an diesem Rezept. Schließlich wollte ich es zu Ostern veröffentlichen. Und da der erste Versuch, den Kuchen zu backen, scheiterte, musste ich es noch einmal probieren. Es soll Schlimmeres geben!

Zutaten:
Weiße Mokka-Crème: 40g Kaffeebohnen, 250g weiße Schokolade, 4 Eier, 25g Rohrzucker, 500ml Rahm, ein Schuss Kaffeelikör, 4 Blatt Gelatine, Prise Zimt

Dunkler Schokoladekuchen: 250g Schokolade (etwa 60 % Kakaoanteil), 250g Butter, 8 Eier, 250g Rohrzucker, 50g Mehl, 100g gemahlene Mandeln – und noch etwas Butter und Mehl für die Form

Musik:
Album „Serpentine Prison“ von Matt Berninger aus dem Jahr 2020, Label Concord Records

Post Author: Dan

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

You may also like

Hereinspaziert und ausprobiert

Willkommen in Dan’s Probelokal!
Auf dem Menüplan dieses Online-Lokals stehen stets frische Rezeptgeschichten. Als Beilage gibt es musikalische Entdeckungen und kritische Blicke auf unsere Gesellschaft.

Newsletter-Anmeldung
Wer sich für den Newsletter anmeldet, bekommt die Rezeptgeschichten vorab, frisch und heiß serviert. Senden Sie einfach eine E-Mail mit Betreff „Newsletter“ an dan@probelokal.com. Ihre Adresse wird natürlich nicht weitergegeben. Bis bald!

Folgen Sie Dan’s Probelokal

In Arbeit

Chili-Öl

Dieses Chili-Öl ist großartig für die eigene Vorratskammer. Aber es eignet sich auch wunderbar als Weihnachtsgeschenk. Und da mich schon seit August Lebkuchen und Schneeschaufeln in den Supermärkten empfangen, kann es ja nicht mehr lange hin sein, bis zum Dezember… Falls Sie auch schon mit der Geschenkeproduktion starten wollen: Das Rezept, das ich vor Jahren einmal im ZEIT-Magazin gefunden habe, versteckt sich in der September-Rezeptgeschichte. 

Zweite Wahl

Im Probelokal werden viele Rezepte ausprobiert. Doch nicht aus jedem wird eine eigene Geschichte, weil schlicht die Zeit dazu fehlt. Deshalb sehen Sie hier wechselnde Gerichte zweiter Wahl.

Falls ich Ihnen ein Rezept dieser Spalte senden soll, dann schreiben Sie mir: dan@probelokal.com. Und wenn Sie wollen, dann spenden Sie als Gegenleistung dem Verein „Herzkinder Österreich“ ein paar Euro. Vielen Dank!

Kleine Obst-Tartes

Die reiche Ernte will verarbeitet werden – schön und gut gelingt dieses Vorhaben mit diesen kleinen Tartes mit Grießfülle und frischem Obst.

Oder:

Falafel

Falafel gibt’s derzeit überall – natürlich auch im Probelokal. Am liebsten in Sesam gewälzt und mit frischer Tomaten-Salsa.

Oder:

Brombeer-Eis

Das Lieblings-Eis des zu Ende gehenden Sommers! In einer hausgemachten Brandteig-Schale mit frischem Obst serviert.

Rezept-Geschichten