Reis-Zeit.
So viele Dinge sind es im Grunde ja nicht, die mich gelegentlich verzweifeln lassen. Am ehesten die politischen Extremisten. Vielleicht noch Gier, Neid, Fake-News oder gnadenlose Wokeness – und dann wäre da noch das Kochen von Reis.
Ich habe dutzende Sorten und Zubereitungsarten ausprobiert, bin Packungsanweisungen minutiös gefolgt. Es nutzte nichts: Entweder waren die Reiskörner zu hart oder weich wie Mus, im schlimmsten Fall entdeckte ich im Topf sogar beides zugleich. So manche Reispfanne ist im Küchen-Zorn schon in den Ausguss geflogen. Es gibt Reis, Baby? Von wegen!
Böser Reis?
Als ich dann noch in GEO gelesen habe, dass der traditionelle Reisanbau auf überfluteten Feldern für über 10 % der weltweiten Methan-Emissionen verantwortlich ist, begann ich schon, die weißen Körner zu verfluchen. Ein Glück, dass es inzwischen gelingt, praktisch methanfreie Reissorten anzubauen. Der Forschung und Entwicklung sei Dank. Ich kann auf Reis nämlich kaum verzichten.
Und so machte ich es wie klebriger Reis: Ich ließ einfach nicht locker. Denn erst, wenn die simplen Dinge gelingen, findet der Hobbykoch seinen Frieden. Wie so oft hat mir Jamie Oliver mit einem seiner Tipps geholfen. Er lässt die Reiskörner exakt fünf Minuten in köchelndem Salzwasser tänzeln und danach in einem abgedeckten Sieb über Dampf zu Ende garen. Das gelingt so gut wie immer. Auf Jamie ist Verlass.
Oder da wäre noch das Rezept für mexikanischen, grünen Reis der Köchin Thomasina Miers, das ich im Zuge aufkommender Frühlingsstimmung entdeckt habe. Ich habe es auf meinen Geschmack abgewandelt und ein akzeptables – wenngleich natürlich längst nicht perfektes – Ergebnis erzielt, das wunderbar zum April passt.
Sauberer Reis
Ganz entscheidend ist zunächst, den Reis gut zu waschen – deshalb werden die Körnchen im Sieb abgespült, bis das Wasser klar ist. Da fällt mir unweigerlich ein Zitat von Martin Luther ein: „Iss, was gar ist, trink, was klar ist, red, was wahr ist.“ Nur so nebenbei.
Zu den 300 Gramm Reis gesellen sich im Kochtopf nun ein halber Liter Wasser und eine kräftige Prise Salz. Die Mischung wird aufgekocht und bei geringer Temperatur 20 Minuten lang gegart, bis der Reis fast gar ist.
Dann kommt der Frühlingstrick, der mich unlängst verzaubert hat: In einem Mixbecher werden Spinat, gehackte Frühlingszwiebeln, Knoblauch und/oder Bärlauch mit Saft und Schale der Limette, Salz und Pfeffer mit dem Stabmixer püriert.
Die tiefgrüne Sauce wird in etwas Öl erhitzt und zwei, drei Minuten leicht angebraten, bevor sie unter den Reis gehoben wird. Nach wenigen Minuten sollte der Frühlingsreis gar sein. Bis zum Servieren kann der abgedeckte Topf bei geringer Temperatur am Herd oder im Backofen ruhen.
Scharfes Huhn als Beilage
Mir genügt der Reis mit Brot als Hauptspeise – die Kinder lieben dazu scharf angebratenes Hühnerfleisch als kleine Beilage. Dazu rühre ich mir zunächst eine Marinade aus Limettensaft, Tomatenmark, Sojasauce, Ahornsirup, gehacktem Knoblauch und Kreuzkümmel. Darin lasse ich die in kleine Streifen geschnittenen Hühnerbrüstchen einige Minuten ziehen.
Kurz vor dem Servieren wird das Huhn bei hoher Temperatur in Öl schön kross angebraten und am Ende noch mit etwas geräuchertem Paprikapulver abgeschmeckt. Für mich muss es auch noch eine kräftige Prise Chili sein. Wichtig ist, das Fleisch etappenweise anzubraten, damit es in der Pfanne nicht übereinanderliegt. Dies würde zur Abkühlung des Öls führen, was tunlichst zu verhindern ist.
Mexiko-Hype in der Weltküche
Die authentische mexikanische Küche erlebt derzeit übrigens einen Hype. Das liegt auch an Köchinnen wie Elena Reygadas, die aus Mexiko-Stadt stammt. Sie studierte englische Literatur, lernte in New York und London das Kochen und betreibt nun in ihrer Heimat ein Lokal mit Bäckerei.
Von der britischen Fachzeitung „50 Best“ wurde Reygadas unlängst zur besten Köchin der Welt gekürt. Ich bin mir sicher, dass sie im Gegensatz zu mir nicht nur erfolgreich Reis kochen, sondern auch Shakespeare zitieren kann. Mir bleibt nur der Ehrgeiz, es weiterhin zu versuchen, bis ich es draufhabe. Denn Reis oder nicht Reis, das ist hier die Frage.
Mexiko trifft Manchester
Ehrgeizig ist übrigens auch Morrissey, der ehemalige Sänger der fantastischen Band „The Smiths“ aus Manchester. Noch immer erhebt der alternde Star voller Inbrunst seine Stimme, wenn auch als Solokünstler. Zwar scheint er vom Lauf der Welt überfordert und politisch verwirrt geworden zu sein – aber damit ist er derzeit ja nicht alleine. Gut und mitreißend singen kann er trotzdem.
Morrissey genießt auch in Mexiko große Popularität. So hat sich dort die Band Mexrrissey gebildet, die seine Lieder landestypisch interpretiert – etwa „Suedehead“ (Estuvo Bien) oder „The Boy with the Thorn in His Side“. Zunächst dachte ich an eine schrullige Cover-Band. Doch als ich entdeckte, dass Mexrrissey von Sergio Mendoza gegründet wurde, einem Mitglied meiner Lieblingsband Calexico, erfasste mich die Begeisterung. Das ist weit mehr, als nur Nachgemachtes – das ist großartig!
Zutaten (für vier oder zwei sehr hungrige Personen):
Frühlingsreis: 300 Gramm Reis, 1 Knoblauchzehe und/oder ein paar Blätter Bärlauch, 2 Frühlingszwiebeln, 100 Gramm frischer Spinat, ein kräftiger Schuss Olivenöl, abgeriebene Schale und Saft einer halben Limette, Salz, Pfeffer
Hühnerfleisch: Zwei Bio-Hühnerbrüstchen, Saft einer halben Limette, je 1 Teelöffel Tomatenmark, Ahornsirup und Sojasauce, ½ gehackte Knoblauchzehe, je ½ Teelöffel gemahlener Kreuzkümmel und geräuchertes Paprikapulver, etwas Bratöl
Musiktipp:
Album „No Manchester“ von Mexrrissey aus dem Jahr 2016, Label Nacional Records
Social Menu