Mein liebster Apfelkuchen.
Genüssliche Verwertung der reichen Ernte
Es war schon immer ein Fest, wenn meine Mutter Apfelstrudel zubereitete. Ich durfte den hauchdünn ausgezogenen Teig mit Apfelschnitzen belegen und mit viel Zimtzucker bestreuen. Ein nicht unerheblicher Teil des Belags wanderte direkt in meinen Kindermund.
Auch Jahrzehnte später rollt meine Mutter jeden Herbst Strudel um Strudel. Sie schmecken genauso gut, wie damals. Selbst wenn sich die Welt rasant ändert, wird eben nicht alles schlechter – auch wenn mir das manch wütender Rechtsextremist oder woke*r Moral-Apostel*in ständig einzureden versucht. Die Empörten haben die Rechnung ohne Mamas Apfelstrudel gemacht.
Erst mit der Zeit ist mir bewusst geworden, dass es beim Strudel-Backen auch um etwas ganz Praktisches geht: Die Verwertung des Fallobstes mit hoher Würmer-Dichte. Auch heuer gilt es, die reiche Ernte sinnvoll zu verwerten. Das Strudeln überlasse ich allerdings meiner Mutter, da mir für das Ausziehen des Teigs das Geschick fehlt.
Apfelkuchen mit Bienenstich-Belag
Auf der Suche nach einem anderen Apfelverwertungs-Leckerbissen bin ich bei Renate Hilbe fündig geworden. Auch sie ist eine begnadete Köchin und Bäckerin. Am Rande einer Feier hat sie mir das Rezept ihres Apfelkuchens mit Bienenstich-Belag verraten. Was für ein Glück: Denn dieser Kuchen schmeckt süß, sauer, knusprig und saftig zugleich. Und praktischerweise lassen sich dabei eine Menge Äpfel auf das Vortrefflichste verwerten.
Stark finde ich auch, dass sich dieser Apfelkuchen überhaupt nicht wichtig nimmt. Im Gegensatz zu den Instagram-konformen Show-Torten, die die sozialen Medien fluten. Renates Apfelkuchen braucht weder Fondant-Abdeckungen, um den mäßigen Inhalt zu kaschieren, noch Firlefanz wie Marzipanfiguren, um den Blick auf die Dekoration zu lenken.
Es genügen im Grunde Butter, Mehl, Zucker, Äpfel, Mandeln und ein paar Gewürze wie Zimt und Vanille. Alles von bester Qualität, aber völlig unprätentiös. Mit Renates Erlaubnis gebe ich das Rezept an dieser Stelle weiter. Natürlich nicht, ohne ihm durch Herumprobieren eine individuelle Probelokal-Note verliehen zu haben. Beim Rezepte-Weitergeben ist es wie bei der „Stillen Post“. Auch Sie dürfen abwandeln.
Mürber Teig, saftige Fülle
Zunächst siebe ich das Mehl in eine Schüssel, worauf ich Butter, Salz, Ei, Zucker und Mandeln zugebe und die Mischung rasch durchknete. Zu einer Kugel geformt, wickle ich den Teig in Frischhaltefolie und stelle ihn ein paar Stunden kühl.
Zwei Drittel des Teiges rolle ich mit etwas Mehl aus. Damit kleide ich den Boden und die Ränder einer mit Butter ausgestrichenen Form (24 – 26 cm) aus. Die Ränder drücke ich fest an, damit der Teig beim Vorbacken nicht zusammenfällt. Um das zu verhindern, stelle ich die Form außerdem nochmals einige Minuten kühl. Schließlich geben sich auch Teige gerne cool. Bevor die Form dann in den Ofen kommt, steche ich den Boden mit einer Gabel einige Male ein. Dann wird er bei 180° Ober-/Unterhitze 10 Min. vorgebacken.
Inzwischen schäle ich die vom Baum gefallenen Äpfel. Gehäuse und Getier entferne ich sorgfältig. Die große Anzahl an Würmchen interpretiere ich als Qualitätsmerkmal. Ein Wurm von Welt würde sich bestimmt nicht in geschmacklosen Industrie-Äpfeln verkriechen. Ich hoble das Obst blättrig und mische sie großzügig mit Zitronensaft.
Bitte keine Rosinen
Dann rühre ich die weiteren Zutaten der Fülle ein. Es soll Leute geben, die jetzt noch Rosinen einstreuen (igitt!). Die Fülle verteile ich auf dem vorgebackenen Boden. Nun rolle ich das letzte Drittel des Teiges aus, lege ihn auf die Apfelfülle, drücke ihn seitlich an, steche ihn mit der Gabel ein und stelle die Form für rund 30 Minuten in den Backofen.
Zur Krönung widme ich mich abschließend dem Mandel-Karamell, das am Ende den Kuchen krönen wird. Dazu koche ich die Butter mit Honig, Zucker und Milch kurz auf, nehme die Mischung vom Herd und rühre Mandelblättchen unter.
Wenn sich der Kuchen im Backrohr hellbraun färbt, hebe ich die Form aus dem Ofen. Dann trage ich den Belag gleichmäßig auf und backe den Kuchen in rund 10 Minuten fertig. In dieser Zeit sollte die Masse karamellisieren. Braun darf zwar der Kuchen sein, aber niemals die Politik.
Nach dem Backen lasse ich den Kuchen einige Minuten stehen, was angesichts des fantastischen Geruchs gar nicht leichtfällt. Aber verbrennen möchte ich mir die Zunge dann eben doch nicht. Lauwarm, flankiert von etwas Schlagrahm, wird der Kuchen zum Hochgenuss.
Endlich wieder Nada Surf
Erst recht, wenn dazu das neue Album von Nada Surf erklingt. Die Band um Matthew Caws ist eine meiner Langzeit-Lieblingsbands. Und wenn sie ein neues Album herausgibt, ist das wie das Öffnen eines Geschenks, auf das man lange gewartet hat. Das Album „Moon Mirror“ mit eingängigen Songs wie „In Front Of Me Now“ oder „New Propeller“ vertont mir den heurigen Indian Summer und spendet Trost bei all diesen politischen Entwicklungen.
Und während ich mit ansehen muss, wie der selbsternannte österreichische Volkskanzler triumphierend von den Titelseiten lacht, auch wenn er von 72% der Wähler und hunderttausenden Nicht-Wählern nicht einmal in Zeiten allgemeiner Zukunftsangst, Corona-Trauma und Teuerung eine Stimme bekommen hat, muss ich in der Herbstsonne an ein Zitat denken, das einmal auf einem Kalender stand: „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.“
Zutaten:
Mürbteig: 250 Gramm Mehl, 150 Gramm weiche Butter, 100 Gramm Staubzucker, 1 Ei, 30 Gramm geriebene Mandeln, Prise Salz, etwas Butter zum Ausstreichen der Form
Fülle: Knapp 1 Kilogramm Äpfel, 100 Gramm geriebene Mandeln, 1 Teelöffel Zimt, 1 Esslöffel Vanillezucker, 2 Esslöffel Zucker, Saft einer Zitrone, 1 Schuss Rum und/oder Apfelbrand
Belag: 40 Gramm Butter, 30 Gramm Zucker, 1 Esslöffel Honig, 2 Esslöffel Milch, 80 Gramm Mandelblättchen
Musiktipp:
Album „Moon Mirror“ von Nada Surf aus dem Jahr 2024
Lieber Daniel
Dank dir, dieser so trefflich formulierten Trost, erleichtert das untröstliche Wahlergebnis.
Es ist so wichtig die Aufmerksamkeit auf die 72 % der Menschen zu lenken, die diesem Land wahres Wohlergehen wünschen. Die besten Grüße aus der Nachbarschaft Inge