Dekonstruierte Dubai-Schokolade.

Nach einem zumindest aus politischer Sicht aufregenden Jahr sollte man einem versöhnlichen Jahresende hohe Bedeutung beimessen. Wenn wir schon etwas aufgescheucht ins Jahr 2025 schlittern, dann sollten wir das wenigstens halbwegs fröhlich und zuversichtlich tun. Hilfreich sind dabei feine Weihnachtsmusik und ein festliches Dessert.

Es gehört zu den schönsten Luxus-Problemen dieser Tage, aus einer Vielzahl an Möglichkeiten ein Weihnachts-Dessert bestimmen zu dürfen, um es Ihnen im Probelokal zu empfehlen. Und Sie werden sich wundern, was da alles möglich ist: Crème Brûlée, Profiteroles-Pyramide, Orangen-Sterne oder Bratapfel – so vieles und noch manches mehr gab es auf dieser Seite schon. Meine Wahl fällt heuer auf eine Kombination aus Schokolade und der Nuss des Jahres: der Pistazie.

Pistazien-Hype
Trendsetter denken angesichts dieser Zutaten an die Dubai-Schokolade, die heuer für einen Hype gesorgt hat. Dabei interessiert sie mich nicht die Bohne. Und ich bin mir sicher, dass sie dasselbe Schicksal ereilt, wie zuvor schon Pokémon oder Fidget-Spinner. Oma hätte zu solcherlei kurzzeitigen Phänomenen im alemannischen Dialekt gesagt: „A großes Gsprang hebt nid lang.“ Frei übersetzt: Viel Lärm um nichts. Das arabische Emirat Dubai mit seiner Dekadenz und hoher Influencer-Dichte wirkt auf mich grundsätzlich schon dubaios, da hätte es als Topping nicht auch noch einen Luxus-Schokoladenhype gebraucht.

Zeitlose Mousses
Deshalb habe ich die Dubai-Schokolade dekonstruiert und aus ihren Hauptzutaten einen zeitlosen Festtags-Nachtisch nach meinem Geschmack gerührt. Und zwar eine Mischung aus meinem liebsten Schokoladen-Mousse und einer Pistazien-Crème. Verfeinert mit knusprig karamellisierten Pistazien. Sie können das Dessert am Tag vor dem Fest vorbereiten, in Gläser füllen und kühlstellen. Das gelingt leicht und erspart weihnachtliche Hektik.

Die beiden Mousses von oben – gekrönt von knusprig karamellisierten Pistazien.

Falls Sie am Ende dieses mühsamen Jahres wider Erwarten noch Energie und Geduld haben sollten, dann können Sie dem Dessert ein optisches und geschmackliches Upgrade verpassen, zusätzlich eine Schokoladen-Glasur zubereiten und aus den beiden Crèmes eine eindrucksvolle Kuppel zubereiten. Aber der Reihe nach.

Der neue Hit im Supermarkt
Für die Pistazien-Mousse weichen Sie die Gelatine in kaltem Wasser ein. Den Rahm schlagen Sie mit Vanillezucker steif. Dann heben Sie die Pistazien-Crème unter. Diese edle, hellgrüne Crème erhalten Sie neuerdings im Supermarkt neben der gewohnten Nuss-Nougat-Crème. Im erwärmten Amaretto lösen Sie die ausgedrückte Gelatine auf, um sie unter die Mousse zu rühren und die fertige Crème kühlzustellen.

Auch für die Schokoladen-Mousse weichen Sie die Gelatine in kaltem Wasser ein. Dann schmelzen Sie Kuvertüre und Nougat in einer Schüssel auf dem warmen Wasserbad. In einer zweiten Schüssel schlagen Sie die Eier, das Eigelb und den Zucker auf dem Wasserbad mit dem Schneebesen schaumig. Nehmen Sie die Schüssel vom Herd und rühren Sie die geschmolzene Schoko-Nougat-Mischung ein. Im erwärmten Rum lösen Sie die ausgedrückte Gelatine auf, die Sie dann in die Schoko-Ei-Mischung rühren. Schlagen Sie den Rahm steif und ziehen Sie ihn munter unter.

Falls Sie das Dessert in Gläsern vorbereiten, also die schnörkellosere Variante bevorzugen, füllen Sie nun die Schokoladen-Mousse portionsweise in die edelsten Gläser, die Ihr Schrank herzugeben vermag. Dann stellen Sie sie kühl. Nach zwei, drei Stunden spritzen Sie die Pistazien-Mousse in einem Dressiersack in das Glas. Wieder kühlstellen.

Schnell zum Karamell
Für die Karamell-Pistazien ist Handarbeit gefragt: Schälen Sie so viele geröstete Pistazien, bis Sie 100 Gramm der kleinen, grünen Kerne auf die Waage bringen. Lassen Sie den Zucker in einem Topf schmelzen, geben Sie die Pistazien dazu und rühren Sie, bis die grünen Nüsse vom Karamell überzogen sind.

Auf Backpapier dürfen sie auskühlen, um später beim Servieren die Gläser dekorativ aufzuwerten. Doch seien Sie aus zwei Gründen gewarnt. Erstens: Probieren Sie nie voreilig eine der knusprigen Pistazien, denn das Karamell ist anfangs sehr heiß. Tun Sie es doch, verbringen Sie die Feiertage mit verbrannter Zunge. Und zweitens: Üben Sie sich in Disziplin beim Probieren; die Karamell-Pistazien schmecken so gut! Einmal angefangen, werden Sie nicht aufhören können, sie zu stibitzen. Es wäre schade um die fehlende Dekoration am Festtag.    

Vorsicht – heiß und kalorienreich: Karamell und soeben geschälte Pistazien.

Kompliziertere, aber originelle Version
Falls Sie lieber glänzende Schokolade-Kuppeln aus den Crèmes herstellen, ändert sich der Ablauf ein wenig: Die Pistazien-Crème füllen Sie nach dem Zusammenrühren nämlich in kleine Silikon-Halbkugeln. Auch Eiswürfel-Formen tun ihren Dienst. Diese Förmchen kommen für ein paar Stunden in den Tiefkühler.

Die Schokoladen-Mousse wird in größere Silkon-Formen gefüllt – das können Muffin-Förmchen oder größere Halbkugel-Formen sein. Füllen Sie die Formen aber nur zur Hälfte. Dann wird in jede Form eine gefrorene Pistazien-Crème-Halbkugel gesetzt, darüber kommt noch etwas Schokoladen-Mousse, bis die Formen gefüllt sind. Diese kommen nun für drei oder mehr Stunden in den Tiefkühler. In der Zwischenzeit rühren Sie die Schokoladen-Glasur an.

Glänzende Glasur aus dem Hause Sacher
Das Rezept für die Glasur habe ich einmal in einem der wunderbaren Kochbücher aus dem Hause Sacher entdeckt. Es hat sich nach jahrelangem Nachschlagen schon in Einzelseiten aufgelöst und gleicht einem historischen Manuskript einer alten Bibliothek.

Weichen Sie die Gelatine wieder in kaltem Wasser ein – Sie kennen das Spiel schon von den Mousses. Dann erwärmen Sie den Rahm und lösen die ausgedrückte Gelatine darin auf. Die Kuvertüre schmelzen Sie über dem Wasserbad, bevor Sie das Kakaopulver, das Kokosfett und den Rahm einrühren. In einem Topf lassen Sie das Wasser mit dem Zucker fünf Minuten sprudelnd kochen. Falls Sie einen Küchenthermometer haben, sollten Sie eine Temperatur von gut 120 Grad messen.

In dieses Zuckerwasser stellen Sie nun einen Stabmixer, um die Schokolademasse ohne Luftzufuhr dazu zu mischen. Nachdem die Glasur abgekühlt ist, holen Sie die Mousse-Kuppeln aus dem Gefrierschrank. Stellen Sie sie auf ein Gitter und überziehen Sie die Kuppeln mit der Glasur. Dann parken Sie die Schokolade-Kuppeln auf einen Teller, der wieder in den Gefrierschrank kommt. Dort warten sie bis zum Fest auf die hungrigen Gäste. Vor dem Servieren dekorieren Sie die Portionen mit den karamellisierten Pistazien. Falls Sie noch welche übrig gelassen haben.

Grün ist die Hoffnung – so lautet ein Roman von T.C. Boyle. In diesem Fall gibt’s im Kern etwas Hoffnung.

Wo bleibt das Weihnachtsalbum?
Jedes Jahr warte ich gespannt darauf, ob Musiker meines Vertrauens ein Weihnachtsalbum veröffentlichen. Lange sah es nicht danach aus. Das hätte irgendwie zu diesem mühsamen 2024 gepasst. Immerhin haben die großartigen Bleachers den Titel „Merry Christmas, Please Don’t Call“ veröffentlicht. Zu einem vollständigen Album sollte es aber nicht reichen.

Ja! Hier ist es!
Doch dann, wenige Stunden, bevor ich dieses Rezept hier online stellte, kam die erlösende Botschaft: Die wunderbaren Milk Carton Kids veröffentlichen dieser Tage das Album „Christmas in a Minor Key“. Zehn feine, zwischendurch auch traurig-schöne Songs von Kenneth Pattengale und Joey Ryan. Zwar beschränkt sich das kalifornische Indie-Folk-Duos wie die meisten Künstler, die sich auf ein Weihnachtsalbum einlassen, auf Klassiker wie „Have Yourself a Merry Little Christmas“ oder „O Come All Ye Faithful“, aber sie tun das im Gegensatz zu den Schlager-Stars wenigstens auf eine würdevolle Art. Natürlich darf auch „Silent Night“ nicht fehlen, das erstmals 1818 in seiner ursprünglichen Version als „Stille Nacht, heilige Nacht“ in Oberndorf bei Salzburg zu Weihnachten gespielt wurde. Welche Freude!

Vorweihnachtliche Wünsche
Ein paar vorweihnachtliche Wünsche hätte ich noch, während ich ein, zwei Gläser Mousse schlürfe: Bleiben wir vernünftig, wenn schon die ganze Welt herumzueiern scheint. Machen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten das Beste – wir Einzelne müssen ja nicht gleich die ganze Welt retten, könnten aber im Rahmen unseres bescheidenen Einflussbereiches das eine oder andere tun, um die Menschen zusammen zu bringen und Vertrauen aufzubauen. Schimpfen wir doch einfach nicht mit, wenn eh schon so viele schimpfen. Lassen wir uns nicht hinunterziehen und von der Verwirrung anstecken. Schauen wir mehr auf das, was in unserer Gesellschaft gelingt. Denn es klappt viel mehr, als uns die aufgescheuchten Populisten an den politischen Rändern glauben machen wollen.

Kuriositäten-Kabinett
Übrigens helfen auch gute Musik und eine Extra-Portion Pistazien und Schokolade, um etwas gelassener zu bleiben und die politischen Abgründe dieses Jahres besser zu ertragen. Ich habe es ausprobiert! Allein, um den Anblick von Donald Trumps Kabinett zu verkraften, empfehle ich eine Schüssel Schokoladen-Mousse. Denn wenn ein Fracking-Unternehmer Energieminister wird und ein Impfgegner das Gesundheitsressort übernimmt, dann ist auch nicht auszuschließen, dass das Krümelmonster noch diesen Advent zum Ernährungsminister ernannt wird.

Zutaten für vier Personen:
Pistazien-Mousse: 200 ml Rahm, 1 TL Vanillezucker, 100 g Pistazien-Crème, 1 Blatt Gelatine, Schuss Amaretto
Schokoladen-Mousse: 60 g Zartbitter-Kuvertüre, 60 g Nougat, 2 Eier und 1 Eigelb, 30 g Zucker, 1,5 Blatt Gelatine, Schuss Rum (oder Frangelico oder Kahlua…), 250 ml Rahm
Karamell-Pistazien: 100 g geschälte Pistazien, 50 g Rohrzucker
Optional: Glasur für die Schokolade-Kuppeln: 50 ml Wasser, 125 g Feinkristallzucker, 100 ml Schlagrahm, 1 Bl. Gelatine, 25 g Kakaopulver, 75 g Zartbitterschokolade, 10 g Kokosfett

Musiktipp:
Album „Christmas in a Minor Key“ von den Milk Carton Kids aus dem Jahr 2024

Post Author: Dan

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