
So schmeckt der Frühling.
Im Kinderzimmer gibt es derzeit erhöhten Erklärungsbedarf, wenn es um die Einordnung des Weltgeschehens geht. Da versucht man jahrelang zu vermitteln, dass andere so zu behandeln sind, wie man selbst behandelt werden möchte. Dass es ständig Kompromisse braucht. Immer wieder Versöhnung nach Streit. Dass die Würde des Menschen unantastbar ist, auch wenn das bei Ungustln manchmal schwerfällt.
Und dann? Dann scheinen plötzlich unzählige Rabauken um die Ecke zu biegen, um sämtliche Bemühungen zu torpedieren. Da sie in ihrem politischen Höhenflug offenbar jeglichen Anstand verlieren, heißt es, wehrhaft zu bleiben. Die liberale Demokratie zu bewahren, echten Journalismus anstatt soziale Medien zu fördern und Pluralität auszuhalten.
Vielleicht ist es ja ein bisschen so, wie bei Spinat, Brokkoli oder Erbsen: Nicht alles muss einem schmecken, weder in der Politik oder in der Küche. Und es nützt nichts, den Kindern etwas vorzugaukeln, denn die Lust auf Pommes und Schnitzel ist meistens größer. Aber zwischendurch tut eine Portion Vernunft gut.
Und wenn ich schon Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente serviere, dann wenigstens auf raffinierte Art. In diesen Palatschinken-Teig mixe ich alles, was der junge Frühling hergibt. Dadurch mache ich Spinat, Bärlauch und Erbsen unkenntlich. Und das Gute daran: Es schmeckt nicht einmal schlecht!
Den Frühling mixen
Für die Palatschinken zerkleinere ich das Frühlingsgemüse mit Milch, Mehl, Eiern, Öl und Gewürzen mit dem Stabmixer. Die gesunde Mischung darf nun ein paar Minuten rasten.

Inzwischen heize ich den Backofen auf 200° vor, teile den Brokkoli in Röschen und mariniere ihn mit Öl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer. Auf einem mit Backpapier belegten Blech darf das Gemüse dann für eine halbe Stunde in den Ofen.
Diese einfache Zubereitungsweise wende ich inzwischen für alle möglichen Gemüsesorten an, etwa für Blumenkohl, Karotten oder Fenchel. Denn ich liebe Röstaromen, die nach einer halben Stunde Backofen-Hitze entstehen.
Für den Hummus püriere ich die bereits weichgekochten Kichererbsen mit Olivenöl, Zitronensaft, Tahin, Knoblauch und Gewürzen. Meist mixe ich noch etwas Wasser unter, damit er flüssig genug wird.
Dann erhitze ich einen Schuss Öl in einer beschichteten Pfanne, um eine kleine Kelle des Palatschinken-Teigs einzugießen und beidseitig anzubraten. Diesen Vorgang wiederhole ich, bis der Teig aufgebraucht ist. In einer anderen Pfanne erwärme ich die Erbsen und Kichererbsen in wenig Öl und schmecke mit den Gewürzen und etwas Zitrone ab. Zitronensaft gehört übrigens zur wichtigsten Zutat im Probelokal. In jeder Ecke liegen Zitronen, in jedem Kühlschrank-Fach steht ein Fläschchen Zitronensaft. Sauer macht lustig.

Pancakes als Zugabe
Auf jedem Teller platziere ich nun einen grünen Palatschinken, darauf packe ich einen ordentlichen Löffel Hummus, den kross gebackenen Brokkoli und das Erbsengemüse. Kürzlich habe ich mir ein Stück Rinderhuft dazu angebraten. Oder feine Lauchstreifen. Oder einen Berg pikanter, grüner Pancakes aus Hefeteig, die sich dazu auftürmen lassen. Letzteres sollten Sie unbedingt probieren!
Lösen Sie dazu die Trockenhefe und den Zucker im lauwarmen Wasser auf. In einem anderen Topf erwärmen Sie die Milch, geben das Frühlingsgemüse dazu und machen mit dem Stabmixer Kleinholz daraus. In einer Rührschüssel vermengen Sie nun das Mehl mit dem Milch-Gemüse-Pürree und gießen das Hefe-Wasser dazu. Zerlassen Sie in einer Pfanne noch die Butter und gießen Sie sie gemeinsam mit den Eiern und den Gewürzen in den Teig. Der darf nun zugedeckt eine gute Stunde rasten und aufgehen, ehe er in einer beschichteten Pfanne portionsweise zu Pancakes gebraten wird.

Goldene Jahre?
Auf der Suche nach passender Frühlingsmusik bin ich diesmal rasch fündig geworden. Schließlich hat die Hamburger Band Tocotronic ihr neues Album „Golden Years“ veröffentlicht. Ob wirklich goldene Jahre bevorstehen? Fünf gute Jahre vielleicht? Zweifel ist angebracht, Hoffnung aber auch. Vor allem dann, wenn man Titel wie Golden Years, Bleib am Leben oder Vergiss die Finsternis auf die Playlist setzt. Da kann ich nicht anders, als die Lautstärke aufzudrehen und mich des aufkommenden Frühlings zu erfreuen.
Die Kombination aus vegetarischem Frühlingsteller und dem 14. Tocotronic-Album wäre vermutlich eine Provokation für die meist schmähbefreiten, stillosen, gekränkten Extremisten, die derzeit Oberwasser haben und Europa auseinanderdividieren wollen. Es gibt sie ja in verschiedenster Ausprägung, etwa in Form gieriger Tech-Oligarchen, vulgären Präsidenten oder bewaffneten Islamisten. Von keinen von ihnen sollten wir uns das gute Leben madig machen lassen. Wieder einmal denke ich an die Worte des chilenischen Dichters Pablo Neruda: „Sie können wohl alle Blumen abschneiden, aber sie können den Frühling nicht verhindern.“ Mahlzeit!
Zutaten für vier Personen:
Palatschinken: 500 ml Milch, 250 g Dinkelmehl, 4 Eier, 200 g grünes Frühlingsgemüse (bei mir war es eine Mischung aus Spinat, Frühlingszwiebeln, Erbsen und Bärlauch), 1 TL Salz, 2 EL Öl
Brokkoli: 500 g Brokkoli, 3 EL Öl, etwas Zitronensaft, Salz und Pfeffer
Hummus: 400 g gekochte Kichererbsen, 5 EL Olivenöl, 2 EL Zitronensaft, 2 EL Tahin, 1 Knoblauchzehe, ½ TL gemahlener Kreuzkümmel, Salz
Erbsen: je 100 g gekochte Erbsen und Kichererbsen, 2 EL Olivenöl, 1 EL Zitronensaft, Salz und Pfeffer, kräftige Prise Cayenne-Pfeffer
Grüne Pancakes: 1 Päckchen Trockenhefe (7 g), 50 ml Wasser, 1 TL Zucker, 130 ml Milch, 150 g grünes Frühlingsgemüse, 150 g Mehl, 2 Eier, 30 g Butter, Prise Salz, zum Anbraten etwas Rapsöl oder Butter
Musik:
Album „Golden Years“ von Tocotronic aus dem Jahr 2025, Label Epic Local
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