Grill-Karotten mit Knusperfladen und Dip aus weißen Bohnen
Warum glänzen die Karotten
im August so schön? It’s the sun!
Heute stelle ich Ihnen, geschätzte Gäste des Probelokals, zwei Dinge vor, die vielen widersprüchlich erscheinen mögen: Einerseits ein schmackhaftes, veganes Hauptgericht. Und andererseits eine Indie-Band aus Kärnten. Ja: Beides gibt es tatsächlich. Wir haben die Phänomene im Probelokal für Sie ergründet.
Es gibt gegrillte Karotten, die in der Mittagssonne glänzen. Dazu selbst gemachte Knusperfladen und einen Dip aus weißen Bohnen. Die Musik dazu liefert die Band „Naked Lunch“. Gleich vorweg eine Entwarnung: Im Bandnamen versteckt sich keine Empfehlung für die Garderobe am Mittagstisch.
Kärntner Sänger
Wenn ich bis vor wenigen Jahren an Musik aus Österreichs südlichstem Bundesland dachte, fielen mir nur die strammen Sänger in ihren Kärntner Anzügen ein. Und ich begann mit ein wenig Augenzwinkern, sentimentale Volkslieder zu summen: „In die Berg bin i gern. Und da gfreut si mei Gmüat. Wo die Almröserln wachsn und der Enzian blüaht.“
Es ist aber ein Kärntner Titel eines ganz anderen Genres, den ich schon seit Wochen nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Er nennt sich „The Sun“ und wurde vor fünf Jahren im Album „All Is Fever“ veröffentlicht. Die Band „Naked Lunch“ gibt es schon seit Anfang der 90er Jahre, also lange, bevor sich österreichische Bands wie Wanda oder Bilderbuch aufmachten, die Popszene aufzumischen.
Die Musiker stammen aus Klagenfurt, einer Stadt, die ich bis dahin nicht unbedingt mit alternativer Popmusik in Verbindung brachte. Viele ihrer Songs sind nicht leicht zugänglich und machen ordentlich Lärm. Das ist verständlich, schließlich lässt sich nicht jedes Gefühl in harmonischen Klängen zum Ausdruck bringen. Schon gar nicht im heimattümelnden Klima. Da braucht es gelegentlich krachende Gitarren, um sich Luft zu verschaffen.
Aufmerksam geworden bin ich auf die Band, als bei einem Abend mit Dirk Stermann und Christoph Grissemann ein Musiker einen Überraschungsauftritt hatte – es war Oliver Welter, Sänger von „Naked Lunch“, der mit akustischer Gitarre eine mitreißende Solo-Version von „The Sun“ darbot.
Und warum singe ich derzeit immer dieses Lied? Vielleicht, weil seit Wochen die Sonne scheint. Außerdem hat es eine eingängige Melodie. Und möglicherweise dringt auch mein Unterbewusstsein an die Oberfläche, das sich nach trockenen Sommertagen nach Regen sehnt – schließlich lauten die ersten Zeilen des Liedes: „It smells like rain today, hope it wash the sun away.“Der Geruch des Sommers: Petrichor
Passend dazu ein kurzer Exkurs in das Reich des unnützen Wissens, von dem es im Probelokal öfters eine Kostprobe gibt: Kennen Sie diesen Geruch des einsetzenden Sommer-Regens auf dem heißen Asphalt? Und wussten Sie, dass es dafür einen Namen gibt? Er nennt sich „Petrichor“. Wunderbar, dass es auch für solche Nebensächlichkeiten Fachbegriffe gibt.
Während der Begriff Petrichor genauso wie die Band „Naked Lunch“ ein Nischendasein pflegt, ist der Veganismus längst im Mainstream angekommen. Das ist prinzipiell zu begrüßen. Auch im Probelokal kochen wir oft fleischlos, wenngleich wir keinesfalls auf Eier, Butter und Honig verzichten wollen. Zum Veganer reicht es also noch nicht.
Aber kennen Sie das Phänomen, dass Dinge manchmal beginnen, ein bisschen weniger sympathisch zu werden, wenn sie plötzlich allen gefallen? Das ist in der Musik so (Coldplay!), in der Mode (Nerd-Brillen!) und eben auch in der Ernährung (Veganismus!). Noch schwieriger wird es, wenn es ideologisch wird. Wenn sich Anhänger einer Sache für bessere Menschen halten und beginnen, mit der Moralkeule zu schwingen. Das soll gelegentlich auch bei Veganern vorkommen, wie mir zugetragen wurde. Also: Bitte hört auf, andere zu belehren. Das Probelokal entspricht eh zu 70% Euren strengen Ernährungsrichtlinien. Und ich serviere heute zum wiederholten Male ein veganes Gericht.
Karotten mit Marotten
Karotten also. Sie führen sonst meist ein Schattendasein, wenn die Sonne auf das Fleisch scheint und für die gelben Rüben nur noch der Nebenplatz als gesunde Sättigungsbeilage frei ist. Oder sie müssen sich im gemischten Salat die Aufmerksamkeit mit Rucola, Mais und Tomaten teilen. Manchereine/r isst die Karotten gar nur notgedrungen, weil sie gesund für die Augen sein sollen. Doch wer will schon aus Vernunft geliebt werden?
Deshalb ist im Probelokal der Tag für die Karotten in einer Hauptrolle gekommen. In der folgenden Form der Zubereitung gehen sie solo durch, mit etwas Brot oder feinem Dip. Natürlich können die gegrillten Rüben auch Teil eines Grillbuffets sein. Kaufen Sie sich jedenfalls einen Bund frischer Karotten, an dem noch das grüne Kraut baumelt. Schälen Sie die Karotten und entfernen Sie das Meiste des Grüns – aber einen Zentimeter davon lassen Sie der Optik wegen noch stehen. Dann bringen Sie gesalzenes Wasser in einem großen Topf zum Kochen.
Während sich das Wasser aufwärmt, bereiten Sie die Marinade zu: Dazu geben Sie etwas Öl in eine längliche Schale. Ich nehme meistens ein neutrales Raps- oder Sonnenblumenöl, Sie können aber auch zerlassene Butter verwenden (Achtung – mit diesem Schritt verlassen Sie das vegane Terrain!). Dazu kommen der Ahornsirup, der dunkle Balsamico-Essig, Salz, Pfeffer und das Currypulver. Sehr fein werden die Karotten, wenn Sie etwas geriebene Schale einer ungespritzten Orange dazu geben. Oder Sie nehmen stattdessen etwas Orangenöl – das kleine Zauberfläschchen aus dem Bioladen habe ich immer im Kühlschrank stehen. Zwei, drei Tropfen genügen, und ich erspare mit die Orange.
Inzwischen kocht das Wasser. Geben Sie die Karotten für fünf Minuten in den Topf und schrecken Sie sie danach gleich mit kaltem Wasser ab. Legen Sie sie zum Trocknen auf etwas Küchenpapier und danach zur Marinade in die Schale. Dort freunden sich die Karotten mit den Gewürzen an, während Sie die dünnen Knusperfladen zubereiten.
Unfreiwillige Knusperfladen
Wiegen Sie 300 Gramm Dinkelmehl in eine Rührschüssel, dazu kommen eine großzügige Prise Salz und vielleicht noch etwas Kreuzkümmel, weiters das Öl (Raps oder Sonnenblume) und das lauwarme Wasser. Alles gut durchkneten, eine halbe Stunde kühl stellen, dann auf einer Arbeitsfläche mit genügend ausgestreutem Mehl ganz dünn ausrollen und in einer beschichteter Pfanne ohne Öl mit mittlerer bis hoher Temperatur beidseitig backen – das geht ruck-zuck! Die Fladen entstanden im Probelokal übrigens unfreiwillig: Ich wollte geschmeidige Tortilla-Fladen backen. Daraus wurde nichts, es brachen alle auseinander. Schwups, dann sind es nun eben Knusperfladen!
Für den Dip aus weißen Bohnen mischen Sie in einem hohen Gefäß die abgetropften Bohnen mit etwa Salz und Pfeffer, Knoblauch und den Gewürzen. Dazu kommen noch der Zitronensaft, das Olivenöl und wenig Wasser für die passende Konsistenz. Pürieren Sie die Mischung mit dem Stabmixer und füllen Sie sie in eine Schale.
Erhitzen Sie nun eine Grillpfanne und braten Sie die Karotten beidseitig an. Wenn sie nach wenigen Minuten dekorative, schwarze Grillmuster aufweisen, kommen sie wieder zurück zur Marinade in die längliche Schüssel und warten, bis gegessen wird. Natürlich können Sie die Karotten auf jedem Grill dieser Welt zubereiten. Da ich derzeit keinen besitze, wie ich Ihnen bei der Rezeptgeschichte vom 28. Juli schon gestanden habe, verwendete ich die Grillpfanne. Auch jede andere Bratpfanne tut ihren Dienst, es fehlen nur die schwarzen Muster – das werden Sie verkraften.
Servieren Sie die Karotten mit den Knusperfladen und dem Dip. „Ich stelle mir einfach vor, es sind Würstchen“, sagte ein Gast kürzlich, als ich die Karotten servierte. Und unsere alte Katze, die nicht mehr gut sieht, hört und riecht, kam den Karotten verdächtig nahe, rümpfte dann aber doch die Nase und zog enttäuscht von dannen. Das waren zwei Ausnahmen. Allen anderen schmeckten die Karotten sehr. Ich finde, mit diesem Rezept holen Sie das Beste aus den Rüben heraus!
Zutaten:Gegrillte Karotten: Ein Bund Karotten mit Grün, eine Orange (oder ein paar Tropfen Orangenöl), ein Teelöffel Currypulver, 2 Esslöffel Ahornsirup, 2 Esslöffel zerlassene Butter oder Raps- oder Sonnenblumenöl, ein Esslöffel dunkler Balsamico-Essig, Salz, PfefferKnusperfladen: 300 Gramm Dinkelmehl, Salz, etwas Kreuzkümmel, 50 Milliliter Raps- oder Sonnenblumenöl, 130 ml lauwarmes WasserDip aus weißen Bohnen: 1 Dose Bohnen (abgetropft 250 Gramm – Sie können die Bohnen natürlich auch selbst einlegen und kochen), Salz, Pfeffer, ½ Knoblauchzehe, Gewürze (Paprikapulver, wenn möglich etwas vom scharfen, marokkanischen Harissa-Gewürz), Saft von ½ Zitrone, 4 Esslöffel Olivenöl, 2 Esslöffel Wasser für die richtige KonsistenzMusik: Album „All Is Fever“ von Naked Lunch, veröffentlicht 2013; Label: Tapete Records; Produzent: Oliver WelterSpiel zur Verkürzung der Wartezeit: Natürlich „Lotti Karotti“, ein Kinderbrettspiel von Ravensburger aus dem Jahr 2001…
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