Nach zehn Wochen Ferien und vielen entspannten Morgenstunden brauchte es nur die erste Schulwoche, um mich auf den Boden der Realität zurück zu werfen. Bis von Montag bis Freitag um 7 Uhr jetzt wieder alle Zähne geputzt, Haare gekämmt und Schultaschen gepackt sind, ist man gelegentlich wieder reif fürs Bett.
Wer behauptet, dass Morgenstund‘ Gold im Mund hat?
Würde da nicht auch noch die Zubereitung des Frühstücks anstehen. Schließlich wartet eine hungrige Rasselbande, und sie ist bis auf die Zähne mit Messer und Gabel bewaffnet. Doch es gibt Tage, da stellt man unter Schrecken fest, dass die Brotschublade leer ist. Übrigens meistens dann, wenn die Minuten bis zum Läuten der Schulglocke besonders rasch zerfließen. Wenn man dann auch noch mit zerzausten Haaren müde und ratlos in der Küche steht, mit einem Gesicht, das vom Abdruck der Knöpfe des Kopfkissens gezeichnet ist, und wenn allein schon die Vorstellung des Gangs zum Bäcker so aussichtslos erscheint, wie das Erklimmen des Mount Everest – ja, dann braucht man eine rasche Eingebung, um den jungen Tag zu retten.
We can be heroes – just for one breakfast
Ich hab‘ sie! In Windeseile backe ich Apfel-Pancakes, preise diesen durchaus nahrhaften Snack erfolgreich als Süßigkeit an und werde zum Helden des Frühstücks. Eine halbe Stunde Ruhm, das geht ganz einfach – mit Zutaten, die Sie immer im Schrank haben sollten: Mischen Sie 200 Gramm Dinkelmehl in einer Rührschüssel mit einer Prise Salz, einem halben Teelöffel Backpulver und einem Päckchen Vanillezucker. Verquirlen Sie mit einem Schneebesen einen Viertelliter Milch mit vier Eiern und geben Sie die Milch-Ei-Mischung auf das Mehl. Dann vermengen Sie mit kräftigem Rühren die Mischung, damit sich die unweigerlich entstehenden Klümpchen auflösen. Spätestens jetzt sind Sie wach.
Jetzt schummeln Sie süße Vitamine dazu, in dem sie einen oder zwei Äpfel in die Masse raspeln. In einer heißen, beschichteten Bratpfanne (oder zwei, falls Sie rasch eine größere Menge servieren müssen) zerlassen Sie nun ein wenig Butter. Dann setzen Sie ein paar Esslöffel des Teiges mit etwas Abstand zueinander in die Pfanne. Ist die Unterseite schön braun, wenden Sie die kleinen Pfannkuchen. Ist auch die Rückseite leicht gebräunt, können Sie die erste Portion servieren und das Ganze wiederholen, bis der Teig aufgebraucht ist.Schmeckt Kind, Kegel, Koch und Klassenlehrerin
Das schmeckt der versammelten Frühstücksgesellschaft – und wie! Kürzlich nahm meine Tochter noch ein paar Pancakes als Jause mit in die Schule. Sie versorgte damit einige Mitschülerinnen. Sogar die Klassenlehrerin ließ sie ein Pancake probieren, quasi als Gruß aus der Küche des Probelokals. Offenbar hat’s geschmeckt – meine Tochter brachte die Jausenbox jedenfalls leer gegessen zurück.
Die Wochenend-Version hat mehr Gehalt
Das war gerade die Werktags-Version der Pancakes: Schulkompatibel, weil praktisch ohne Zucker (den Hauch von Vanillezucker vernachlässigen wir genauso wie den Fruchtzucker der Äpfel), mit ganz wenig Fett und ohne süßes Topping. Ist mir am Wochenende aber nach einem gehaltvollen, ausgedehnten Frühstück, dann backe ich die Pancakes nach einem etwas opulenteren Rezept.
Dafür gebe ich zwar nur zwei große Eier zu den 200 Gramm Mehl und zum Viertelliter Milch, dafür aber 50 Gramm zerlassene Butter und noch 50 Gramm Staubzucker. Ebenso einen geraspelten Apfel und eine großzügige Prise Zimt. Klar, dass das noch feiner schmeckt. Äpfel und Zimt gehören für mich einfach zusammen, so wie die Kessler-Zwillinge, Herbert Prohaska und Rainer Pariasek oder Neil Tennant und Chris Lowe von den Pet Shop Boys.
Buch-Tipp: Der Geschmacksthesaurus
Falls Sie mehr über passende Geschmacks-Kombinationen lesen möchten, empfehle ich ein wunderbares Buch, nämlich den „Geschmacksthesaurus“. Es stammt von Autorin Niki Segnit, die unter anderem eine Kolumne für die „Times“ schreibt. Die Britin teilt 99 Lebensmittel in Kategorien ein und zeigt passende Kombinationen auf. Dieses Aroma-Handbuch ist nicht nur informativ, sondern auch launig geschrieben. Sogar ein paar feine Rezepte sind enthalten.
Die sündige Wochenend-Version der Pancakes beträufle ich standesgemäß mit naturbelassenem Ahornsirup aus Kanada. Mein 6jähriger Sohn gießt lieber Honig aus dem Bregenzerwald darüber, dabei muss ich jedoch mit wachsamem Auge verhindern, dass er die Tagesration eines Grizzly-Bären zu sich nimmt. Zur Dekoration machen sich gehackte Pistazien und ein paar Apfelschnitze gut.
Sitting In The Morning Sun
Wo bleibt nur der übliche Musiktipp aus Dan’s Probelokal? Nun, an Werktagen hat um 7 Uhr morgens noch keine Musik zu ertönen. Um diese Zeit würde ich selbst eine Pop-Koryphäe wie Morrissey höflich, aber mit Nachdruck aus der Küche bitten, würde er dort warten, um etwa seine aktuelle Single „Spent The Day In Bed“ (!) zu singen. Am Samstag und Sonntag hingegen unterstreicht feine Musik die Wochenend-Stimmung, während ausgedehnt gefrühstückt wird.
Zum Wachwerden am Samstagmorgen trug kürzlich die Band DMA’s bei. Die drei jungen australischen Musiker werden vom Sound her gelegentlich mit Oasis verglichen, wirken im Auftreten aber geradezu auf erfrischende Weise uneitel. Der Titel „Lay Down“ klingt zunächst gar nicht nach Aufstehen, dafür beginnt der Text mit der treffenden Zeile „Sitting In The Morning Sun“. So soll es sein, zumindest an diesem Wochenende des Indian Summers. Nicht nur die druckvolle Original-Version finde ich sehr eingängig, auch die Akustik-Version. Hören Sie rein und haben Sie’s fein!
Zutaten für eine kleine Frühstücks-Runde:Werktags-Version: 200 Gramm Dinkelmehl, Prise Salz, halber Teelöffel Backpulver, ein Teelöffel Vanillezucker, 250 Milliliter Milch, vier Eier, zwei Äpfel, Butter oder neutrales Öl zum Backen in der PfanneWochenend-Variante: 200 Gramm Dinkelmehl, Prise Salz, halber Teelöffel Backpulver, 50 Gramm Staubzucker, 50 Gramm zerlassene Butter, 250 Milliliter Milch, zwei Eier, einen Apfel, Prise Zimt, Butter oder neutrales Öl zum Backen in der Pfanne, Ahornsirup und/oder HonigMusik: DMA’s mit dem Album „Hills End“ aus dem Jahr 2016; Produzent Dylan Adams und DMA’s, Label Mom & Pop MusicLektüre: Der Geschmacksthesaurus der britischen Autorin Niki Segnit, erschienen im Verlag Bloomsbury Berlin
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In Arbeit
Chili-Öl
Dieses Chili-Öl ist großartig für die eigene Vorratskammer. Aber es eignet sich auch wunderbar als Weihnachtsgeschenk. Und da mich schon seit August Lebkuchen und Schneeschaufeln in den Supermärkten empfangen, kann es ja nicht mehr lange hin sein, bis zum Dezember… Falls Sie auch schon mit der Geschenkeproduktion starten wollen: Das Rezept, das ich vor Jahren einmal im ZEIT-Magazin gefunden habe, versteckt sich in der September-Rezeptgeschichte.
Zweite Wahl
Im Probelokal werden viele Rezepte ausprobiert. Doch nicht aus jedem wird eine eigene Geschichte, weil schlicht die Zeit dazu fehlt. Deshalb sehen Sie hier wechselnde Gerichte zweiter Wahl.
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Kleine Obst-Tartes
Die reiche Ernte will verarbeitet werden – schön und gut gelingt dieses Vorhaben mit diesen kleinen Tartes mit Grießfülle und frischem Obst.
Oder:
Falafel
Falafel gibt’s derzeit überall – natürlich auch im Probelokal. Am liebsten in Sesam gewälzt und mit frischer Tomaten-Salsa.
Oder:
Brombeer-Eis
Das Lieblings-Eis des zu Ende gehenden Sommers! In einer hausgemachten Brandteig-Schale mit frischem Obst serviert.
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